Eheleben - nicht immer einfach

Es ist aufregend - von einfach wurde nie gesprochen! Rückblickend betrachtet, denke ich, dass es sehr darauf ankommt, warum und unter welchen Voraussetzungen eine Ehe eingegangen wird. Früher wurden auch in unseren Breitengraden Ehen von den Eltern arrangiert, auf jeden Fall wurde auf den sozialen Stand der Partnerin oder des Partners geachtet, es musste zusammen passen.  Das ist auch teilweise noch heute eine Voraussetzung, gerade in Familien mit höherem sozialen Niveau. Die Eltern erwarten von dem potentiellen Schwiegerkind, ähnliche Voraussetzungen, wie sie selbst es haben.

Aber mal Hand aufs Herz - ganz so falsch ist das ja nicht. Prinz und Bettelprinzess passt einfach nicht, dass ist in den meisten Fällen zum scheitern verurteilt. Warum? Weil sich entweder einer dem anderen total anpassen muss, oder beide müssen eine Toöeranz mit bringen, die außergewönlich ist. Auch der Intellekt spielt eine große Rolle. Wenn einer dem anderen sehr überlegen ist, wird das langweilig, weil gemeinsame Grundlagen fehlen. Wenn dann noch die Frau dem Mann überlegen ist, wird es noch problematischer. 

Nun heiratet man zwar immer nur eine bestimmte Person, aber die hat, wie man selbst, auch ein Umfeld. Je jünger die zukünftigen Eheleute sind, je gravierender ist das. Da gibt es beidseitig Familie, Freunde, Kollegen, mit denen man klar kommen muss. Ich muss nicht jeden lieben, aber ein respektvoller Umgang sollte schon möglich sein. Dem/der Partner/in geht es ja genauso. Auch ich habe ein Umfeld. 

Man sieht also, es sind einige Hürden zu nehmen. Die Liebe, die Leidenschaft, die tolle gemeinsame Freizeit, die vor dem Alltag gelebt wird, kühlt ab, die Probleme stellen sich sehr schnell sein. Geld, Kinder, Haushalt, Krankheit und viele Dinge mehr, werfen Fragen auf, wo unterschiedliche Ansichten zu Meinungsverschiedenheiten führen. Bin ich vorher in aller Verliebtheit mit meinem Freund noch gerne mach Malle gereist (obwohl das eigentlich gar nicht mein Ding ist), möchte ich nun einmal in die Berge, und schon ist der Streit da, weil er nämlich sein Malle liebt. Tausend Kleinigkeiten, die sich summieren. Doch nun zu mir!

Der erste Versuch

Wie schon in einem anderen Abschnitt beschrieben, steckte bei mir im Jahr 1963 noch sehr die Erziehung in den Knochen, auch die damals gültigen gesellschaftlichen Voraussetzungen spielten eine Rolle. So bekamen unverheiratete Paare keine gemeinsame Wohnung. Um als Paar eine Wohnung anzumieten, musste mindestens das Aufgebot vorgelegt werden. Auch durften Eltern oder Vermieter ein unverheiratetes Zusammenleben nicht dulden, dem stand der Kuppelparagraph (§ 180 Strafgesetzbuch bis 1969) im Weg,  Das Ergebnis war, wer zusammen leben wollte, musste heiraten. Die moralische Seite war das andere Problem. Ein ehrbares Mädchen musste geheiratet werden, wenn einmal das Bett geteilt wurde oder gar ein Kind unterwegs war. So war die Einstellung auch unserer Familien und so wurde ich erzogen. Die Familie meines ersten Mannes nahm das mit dem "Bett" zwar nicht so genau, aber spätestens als ich schwanger war, gab es kein Wenn und kein Aber.

Also heirateten wir am 14. Oktober 1966. Die ersten vier Monate lebten wir gemeinsam bei den Schwiegereltern in einer 1 1/2 Zimmerwohnung. Sicher waren wir verliebt und happy nun endlich zusammen sein zu dürfen, aber die ersten Hürden stellten sich schnell ein. Mein Mann arbeitete zu dieser Zeit bei dem Fuhrunternehmen Gustav Schöne am Neuköllner Richardplatz als Kraftfahrer. Ich war in der Zentrale  der Firma MANNS als Kommissioniereren beschäftigt. Das war ein Einzelhandelsunternehmen, ähnlich unserem heutigen EDEKA. Meine Schwiegermutter führte zu Hause das Zepter, viel Intimsphäre hatten wir nicht. Sie erwartete von ihrem Sohn weiterhin eine Mitarbeit beim morgendlichen Zeitungsaustragen. Das bedeutete um 03:00 Uhr aufstehen. Um 07:00 Uhr musste mein Mann aber schon in der Firma sein.  Klappe das nicht, weil er einfach zu müde war, mitten in der Nacht aufzustehen, musste ich mir anhören: "Ich sollte doch meinem Mann am Abend schlafen lassen, dann wäre er auch nicht so müde."  So hatte ich schon einen Konflickt mit meiner Schwiegermutter, als ich ihr sagte, dass ich meine Wäsche alleine waschen würde. Waschmaschinen gab im Haushalt damals noch nicht. Die große Wäsche wurde weggegeben, oder man ging in ein Gemeinschaftswaschhaus,  die Leibwäsche wurde per Hand gewaschen.  Meine persönliche Wäsche war mir dann doch zu intim, um sie von meiner Schwiegermutter waschen zu lassen. Das waren nur zwei Probleme von vielen.

So wundert es nicht, dass wir froh waren, im Februar 1967 unsere erste eigene Wohnung zu beziehen. Die Wohnung befand sich in der Neuköllner Richardstraße und war eine Dienstwohnung von der Firma Schöne. Für 50,00 DM im Monat hatten wir zwei Zimmer mit einer Küche und einer Innentoilette. Nach einigen Renovierungsarbeiten konnten wir nun endlich unser eigenes Reich beziehen. Aber in die Wohnung mussten nun auch ein paar Möbel. Mit Ausnahme von ein paar Austeuerteilen hatten wir nichts. Von den Schwiegereltern haben wir zwar einen teuren Besteckkasten für sechs Personen bekommen, aber Bettwäsche oder Handtücher wären sinnvoller gewesen. Dazu kam, dass ich nun schon im Mutterschutz war, und wir unser Kind in Kürze erwarteten. Die 3000,00 DM Ehestandsdarlehen , die damals jedes junge Ehepaar von der Sparkassse bekam, waren rasch aufgebraucht. Dieser Kredit wurde günstig vergeben. Mit geringen Zinsen und einer langen Laufzeit war das lukrativ, zumal bei jedem Kind ein Teil davon erlassen wurde. Pro Kind 1000,00 DM Erlass, bei drei Kindern war der Kredit dann erledigt.

Nun hatten wir ja auch schon den Kredit von der Hochzeit zu bezahlen. Den hatte mein Schwiegervater für uns aufgenommen, aber bezahlen mussten wir ihn. Das waren 1000,00 DM, damals viel Geld. Aber meine Schwiegermutter wusste Rat. Sie kannte ein kleines Möbelgeschäft in Neukölln, wo wir problemlos die notwendigen Möbel auf Pump erstehen könnten, der Besitzer sei da großzügig. Das der uns maßlos über den Tisch gezogen hat, begriff ich erst viel später. Nun hatten wir unsere notwendige Einrichtung. Bett, Kinderbett,  Schrank, Couch, Tisch, das notwendige für die Küche und tausend Kleinigkeiten. Ich weiß die genaue Summe nicht mehr, aber es waren wohl so um die 2000,00 DM.

Nun muss man sich vorstellen, zwei Kredite, wenn auch kleine Beträge, 50,00 DM Miete dazu kam noch Strom. Mein Mann verdiente damals 114,00 DM pro Woche, von dem Trinkgeld, das er nebenbei bekam hab ich nicht viel gesehen. Ich verdiente auch nicht viel, und das auch nur bis zur Beendigung den Mutterschutzes acht Wochen nach der Entbindung.  

Erziehungsurlaub? Erziehungsgeld? Kindergeld? Diese Begriffe gab im Jahr 1966 noch nicht einmal. Nach Beendigung des Mutterschutzes mussten wir sehen, wie wir klar kamen. Am Richardplatz, in der Nähe unserer Wohnung gab es damals einen sogenannten Steg-Shop. Diese Geschäfte handelten damals mit gebrauchter Militärkleidung.  Bevor diese Kleidungsstücke verkauft werden konnten, mussten aber alle Abzeichen entfernt werden, und hier und da war auch mal eine Ausbesserung nötig. Hier fehlte ein Knopf, da war eine Naht aufgerissen, ebenso Kleinigkeiten. Dafür suchte der Chef diese Ladens stundenweise eine Hilfe. Da konnte ich anfangen. Ein paar Stunden am Tag konnte ich meine Schneierkenntnisse einsetzen. Das Beste war jedoch, ich konnte mein Kind mitnehmen. In dem Hinterzimmer, in dem auch eine Nähmaschine stand, war auch Platz für den Kinderwagen. Da das baby ja in dem Alter noch überwiegend schlief, war das kein P.roblem.  Auch zwischendurch Fläschchen geben oder mal die Windel wechseln wurde geduldet. Ich habe dann später sogar im Verkauf mitgearbeitet. Das Geld, das ich dort verdient habe, war zwar nicht viel, aber es hat geholfen und ich hatte auch Beschäftigung. Das ging solange, bis der Chef den Laden geschlossen hat. Das neue Geschäft war zu weit entfernt, das mit dem kleinen Kind nicht möglich gewesen, zumal mein Sohn auch bald dem Kinderwagen entwachsen war.

Privat waren wir in der Familie eingebunden. Es gab auch ein paar Bekannte aus der Jugendzeit, aber alle Zusammenkünfte spielten sich zu Hause ab. Zum weggehen hatten wir kein Geld. Ein einzigen Mal waren wir in dieser Zeit zu einem Konzert. Das war zu unserem ersten Hochzeitstag. Wir besuchten in der Berliner Philharminie ein Konzert von Karel Gott. Der Sänger (die goldene Stimme aus Prag) hatten damals gerade sein Lied "Einmal um die ganze Welt..." herausgebracht und ich träumte vom Reisen. Unser Junior blieb bei den Großeltern.  Sonst waren wir stolz auf unseren kleinen schwarz - weiß - Fernseher, den wir angeschfft hatten, da ich ja mit dem Kind viel zu Hause war und mein Mann oft lange arbeiten musste. Guten Kontakt hatten wir zu einigen Arbeitskollegen, die auch schon mal bei mir am Fenster halt machten, für einen kurzen Plausch. Unsere Wohnung lag ja fast ebenerdig, und oft stand ich am Nachmittag am Fenster und schaute, wer da so vorbeikam. 

Und sonst - Haushalt und Kind! In der Küche stand der große Waschtopf auf dem Herd, in dem die Windeln und andere Kochwäsche gewaschen wurde. Unter der Decke war eine Leine befestigt, an der die Windeln zum trocknen hingen. Im Sommer konnte ich das zum Glück auf dem Hof tun. 

Ich war 20 Jahre alt, hatte Mann, Kind und Haushalt. Nebenbei ein paar Stunden arbeiten gehen. Ich muss nun zugeben, ich war und bin nicht die geborene Hausfrau.  Wenn mein Mann am Nachmittsg nach Hause kam, wir gegessen hatten, blieb der Abwasch auch schon mal stehen. Morgen war ja schließlich auch noch ein Tag. Zum Ärger meiner Schwiegermutter, die da ständig meckerte, wenn sie wieder einmal überraschend bei uns auftauchte. Irgendwann habe ich ihr dann einmal gesagt: "wenn dich der Abwasch stört, kannst du ihn gern wegmachen"!. Sie tauchte öfter bei uns auf. Es musste ja kontrolliert werden, ob ihr Sohnemann genug und auch das richtige zu essen bekommt, ob die Wohnung ordentlich ist usw. Den ersten großen Familienknatsch gab es dann Weihnachten.  

Es war Tradition, dass der Heilige Abend in der Wohnung von Meinem Mann seiner ältesten Schwester verbracht wurde. Da war die ganze Familie zusammen incl. Omas, Opas, Onkeln und Tanten. Das letzte Jahr, als wir noch kein Kind hatten, habe ich da noch mit gespielt. Es war schrecklich. Darauf werde ich aber später noch auf der Seite "Feste feiern" eingehen. Nun hatten wir ein Kind, unser Sohn war dann acht Monate alt. Ich stand und stehe auf dem Standpunkt, ein kleines Kind gehört an diesem Tag nach Hause. Ich weigerte mich mit dem Kind am Heiligen aus dem Haus zu gehen. Wer von den Großeltern mit uns feiern wollte konnte gern kommen. Meine alten Großeltern waren da und freuten sich an ihrem Urenkelchen. Die Schwiegereltern kamen, lieferten die Geschenke ab und verschwanden nach einer Tassee Kaffee wieder. Auch gut? Ne, nicht gut. Das ging nämlich nicht ohne Theater vonstatten. Am ersten Weihnachtstag ging der Stress weiter. Da traf sich nämlich die ganze Famiie bei meinen Schwiegereltern. Mutter kochte und bachte schon Tage vorher. Viel, inhaltsreich und lecker, aber ohne Schnickschnack. Mittag, Kaffee, Abendessen. Mein Zugeständnis ging dahin, dass ich bereit war zum Mittagessen da zu sein und am Nachmittag zu meiner Familie wollte. Das nächste Theater. Das könnte ich doch auch morgen noch machen. Nein - der zweite Feiertag sollte unserer kleinen familie vorbehalten bleiben. Das  setzte ich durch und hatte promt den schwarzen Peter. Mein Mann stand mir zum Glück zur Seite, aber schuldig war ich!.