Die ersten 11 Jahre
Wilmersdorf (heute Charlottenburg-Wilmersdorf), einer der sogenannten besseren Bezirke der Stadt Berlin. Hier findet der Besucher auch die City-West mit den Bereichen Kurfürstendamm und Tauenzien, wo die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, der Zoologische Garten und viele andere Sehenwürdigkeiten ihre Platz haben. Dort in Wilmersdorf gibt es auch den Fehrbelliner Platz (benannt nach der Schlacht bei Fehrbellin 1675) und den Hohenzollerndamm, der von der Bundesalle bis in den Grunewald führt. An dieser Hauptverkehrsstraße hatten wir unsere Wohnung im Haus Nr. 33a, in der Nähe des Ferhrbelliner Platzes.
Diese Gegend war schon zur Zeit meiner Geburt priviligiert. Am Fehrbelliner Platz steht nicht nur das Rathaus des Bezirkes sondern es befinden sich auch andere Behörden dort. Das war damals so und das ist auch noch heute so, auch wenn die Bezirksverwaltung nach der Bezirksreform im Jahr 2001 in das Rathaus Charlottenburg gezogen ist.

Das alte Rathausgebäude am Ferhbelliner Platz im Bezirk Wilmersdorf. Unten: meine Großeltern vor unserem Wohnhaus im Hohenzollerndamm etwa Mitte der 50er Jahre.

Wenn man auf dem Foto mit meinen Großeltern die Straße entlang weitergeht, befand sich an der nächsten Ecke, wo die Ruhrstraße einmündet, das Dom-Hotel. Nach Überquerung der Ruhrstraße erreichte man linker Hand eine kleine Ladenzeile, auf den ich später noch zu sprechen kommen werde. Dort befindet sich heute das Gebäude der Deutschen Rentenversicherung.
Unsere Wohnung
Unsere Wohnung befand sich in der zweiten Etage des Mehrfamilienhauses im Hohenzollerndamm 33a. Wie meine Familie an diese Wohnung gekommen ist, was die Miete gekostet hat und wer das bezahlt hat, ist mir nicht bekannt. Ich bin dort aufgewachsen, musste weder hungern noch frieren, der Rest iteressierte mich Kind nicht und darüber wurde auch nicht gesprochen.
Die Wohnung hatte drei Zimmer, eine Kammer, Küche, Bad und einen großen Flur. Diese Wohnungen zählten vor dem Krieg zu den gehobenen Wohngegenden. Dort wohnten besser gestellte Menschen, überwiegend Mitarbeiter der umliegenden Behörden. Die Kammer war einst die Mädchenkammer für das Hausmädchen. Dort gab es auch einen eigenen Zugang in das hintere Treppenhaus. Zu meiner Zeit war diese Tür verschlossen. Das hintere Treppenhaus soll beschädigt gewesen ssein. Ich bin dort nie gewessen. Wenn man die Wohnung durch die eigentliche Eingangstür betrat, stand man in dem großen, fast quadratischem Flur, von dem viele Türen abgingen. Gleich links ging es in das Wohnzimmer.

Es wurde dominiert von einem großen schwarzen Schreibtisch. In der Mitte stand ein runder Tisch mit vier Stühlen, an einer Wand stand ein Sofa. Zwei Fenster zur Straße ließen das nötige Licht herein, unter ihnen befanden sich Heizkörper, die ich einmal schmerzhaft zu spüren bekam. Ach ja, und da war noch Opas Sessel.
Das linke Foto zeigt meinen Opa in seinem Sessel, etwa 1952. Auch ein Telefon hatten wir schon, das war aber dem Gewerbeberieb meiner Tant Erna geschuldet. So wie hier auf dem Foto sah mein Opa immer aus, Stoffhose, Hemd, teilweise sogar mit Krawatte, Sakko und seine geliebte Zigarre.
Auf der rechten Seite des Flures befanden sich die Küche von der auch ein Balkon abging das Bad und die Kammer. An der Frontseite des Flures gingen auch noch zwei Türen ab, von denen die rechte in das Schlafzimmer führte und die linke in die Schneiderwerkstatt meiner Tante, die dort ihre Zwischenmeisterbetrieb führte. Aber sie nähte auch für privat. Aus diesem Grund stand auf dem Flur zwischen den beiden Türen an der Frontseite ein großer Ankleidespiegel, der auch ein Blickfang war, wenn man die Wohnung betrat. Wenn meine Tante nicht gerade eine Kundin hatte, und den Spiegel benötigte, diente dieser Raum auch für mich als Spielplatz. Mein Bettchen hatte ich im Schlafzimmer meiner Großeltern.

Die Nachbarschaft
Das Mehrfamilienhaus hatte einschließlich des Erdgeschosses fünf Etagen mit jewels zwei Wohnunhgen. In den meisten lebten Menschen, die zur Familie gehörten. Während wir in der zweiten Etage auf der linken Seite unser Zuhause hatten, wohnte unter uns ein Schwester meines Großvaters, Tante Mary. Über uns wohnte der Lebensgefährte meiner Tante Erna, Onkel Erwin mit seinem Sohn Erik. Auf dem gleichen Podest hatte Tante Lieschen, die zweite Tochter meiner Großeltern mit ihrer Familie ihre Heimstatt. Der Mann meiner Tante, Onkel Karl wiederum, war ein Bruder von Onkel Erwin. Auf unserem Podest wohnte nebem uns eine weitere Schwester der beiden Brüder mit ihrer Tochter Rena und einem großen Hund, vor dem ich Angst hatte. An die anderen Mitwohner erinnere ich mich nicht mehr. Im Erdgeschoss hatte ein Schuhmacher seinen Betrieb.
Im Hof

Wenn wir auf dem Balkon gingen, blickten wir in einen Hinterhof. Ich erinnere mich noch an zerfallene Häuser, die diesen Hof umgeben Haben. Eine Mauer grenzte diesen zur Straße ab. Erst im Laufe der Jahre wurden die umstehenden Häuser wieder saniert. Im Hof hielt mein Onkel Karl ein paar Hühner. Wie auf dem Foto links zu sehen ist, fand ich die kleinen Küken niedlich, aber ich musste auch miterleben, wie mein Onkel die Axt nahm, und auf einem Hauklotz mit einem Huhn kurzen Prozess machte. Das Federvieh war als Nahrung für die Familie gedacht. Oma und meine Tante saßen dann in der Küche und rupften das Huhn. Über einer Gasflamme wurden dann die restliche Kiele abgebrannt. Das stank immer fürchterlich, ich bin dann immer geflüchtet. Die Federn wurden für Kissen verwendet.
Das Endergebnis war eine leckere Hühnersuppe und Frikassee. Ein paar warme Malzeiten für die Familie waren wieder gesichert.
Dort wohnten wir bis 1958. Dann mussten meine Großeltern sich eine neue Wohnung suchen. Meine Tante hatte ihre Schneiderwerkstatt verlegt und dann wurde das Haus saniert. Nun konnten sich Oma und Opa die Miete nicht mehr leisten. Wir zogen nach Britz, einem Ortsteil von Neukölln, in das Neubaugebiet Britz-Süd.
Britz-Süd

Das Foto zeigt mich im Jahr 1962 vor unserer Haustür
Im Jahr 1958 zogen wir also von Wilmersdorf nach Britz-Süd. Das war damals ein neu geschaffener Ortsteil von Britz im Verwaltungsbezirk Neukölln. Dort war eine Neubausiedlung mit vorwiegend sozialem Wohnungsbau entstanden. Im Wesenberger Ring hatten meine Großeltern eine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung in der ersten Etage im Haus Nr. 16 bekommen. Auf jeder Etage gingen drei Wohnungen ab, unsere war die mittlere Wohnung. Das war natürlich eine riesige Umstellung. Eineinhalb Zimmer, Küche, Bad und Balkon mit Ofenheizung. Das Warmwasser kam über einen Durchlauferhitzer, der sich im Bad befand. Wir hatten nun ein Wohnzimmer und ein kleineres Zimmer, in dem meine Großeltern ihr Schlafzimmer einrichteten. Ich hatte mein Bett im Wohnzimmer, in dem eine Schlafcouch stand. Einrichtungsmäßig ändert sich nicht viel. Die alten Möbel aus Wilmersdorf fanden, soweit möglich, ihren Platz. Um uns herum war noch viel Baustelle, das änderte sich erst im Laufe der Zeit.
Wir lebten uns ein, bekamen auch Kontakt zu den Nachbarn und ich schloss erste Freundschaften. Es gab wenig Verkehr in der Straße, so dass wir dort spielen konnten. Wir spielten Hopse, ließen unsere Kreisel tanzen oder liefen auf Rollschuhen die Straßen entlang. In der Nähe waren Felder, durch eine kleine Parkanlage erreichten wir ein kleines Einkaufszentrum, mit einem großen Marktplatz, auf dem drei Mal in der Woche verschiedene Händler ihre Waren anboten. Zum Marktende ging Opa dort immer hin, um die leeren Holzkisten, in denen sich einmal Obst und Gemüse befand, zu holen. Das wurde als Feuerholz gebraucht. Das gaben die Händler gerne ab, waren sie doch froh, das Leergut los zu sein.
Eimal in der Woche fuhr ein Bauer durch die Straße, der Brennholz gegen Kartoffelschalen tauschte. So wurden die Kartoffelschalen gesammelt. Die Mieter brauchten Brennholz und der Bauer die Kartoffelschalen als Futter für seine Tiere. Alles Dinge, die sich heute keiner mehr vorstellen kann.
Das kleine Einkaufszentrum und den Markt gibt es noch heute, nur haben sich die Geschäfte sehr verändert. Ich habe dort bis zu meiner Hochzeit im Jahr 1966 gewohnt. Als ich älter wurde, haben meine Großeltern ihr Bett ins Wohnzimmer gestellt, es wurde so ein Wohn- Schlafzimmer und ich bekam das kleine Zimmer. Meine Großeltern lebten dort bis zu Opas Tod.
Der nächste Umzug
Im Oktober 1966 habe ich das erste Mal geheiratet. Damit verließ ich auch mein Elternhaus. Mangels eigener Wohnung und dem nötigen Kleingeld zog ich nun zunächst zu den Schwiegereltern, die in der Britzer Fritz-Reuter-Allee eine Zwei - Zimmer - Wohnung hatten, in der mein Mann auch noch lebte. Ich war zwanzig Jahre alt und schwanger. Die Wohnung befand sich gegenüber der Hufeisensiedlung, die heute Teil der UNESCO ist. Ich kannte die Gegend, die Wohnung und auch die Menschen, die dort lebten. Bei vier Personen in dieser kleinen Wohnung war aber der Krach fast vorprogrammiert. An ein persönliches Leben in unserer jungen Ehe war nicht zu denken, ebensowenig an eine Intimsphäre. Meine sehr dominante Schwiegermutter (davon an anderer Stelle mehr), erwartete von ihrem Sohn ein Verhalten wie vorher, und ich war zu dieser Zeit schon selbstbewusst genug um meine Rechte geltend zu machen. Ich glaube, die letzte Zeit redeten wir noch das Nötigste miteinander. Im Februar bekamen wir endlich unsere erste eigene Wohnung. Das war eine riesige Erleichterung, wenn auch nicht das Ende mit dem Zwist mit meiner Schwiegermutter.
Die erste eigene Wohnung

In diesem Haus aus dem Jahr 1888 lebte einmal der Rixdorfer Schmied. Hinter dem Haus befindet sich ein großer Hof mit Remiesen. Dort hatte zu unserer Zeit die Firma Schöne historische Kutschen untergestellt. Auch der Eingang zur Wohnung war von der Hofseite aus. Die ersten zwei Fenster neben dem Tor gehörten zu unserer Wohnung.
Im Februar 1967 konnten wir endlich unsere erste eigene Wohnung beziehen. Mein Mann arbeitete zu dieser Zeit bei der Firma Gustav Schöne, ein Fuhrunternehmen am Berlin-Neuköllner Richardplatz. Der Familie Schöne gehörten (und gehören noch) verschiedene Immobilien im ehemaligen Rixdorf. In der Richardstraße, gleich gegenüber der Kirchgasse konnten wir eine Wohnung in einem Drei-Familien-Haus beziehen. In der Wohnung neben uns lebte noch die alte Witwe des Schmieds und im Dachgeschoss lebte eine junge Studentin.
Die Eingangstür zur Wohnung befand sich an der Hofseite. Davon war eine kleine Terrasse. Wenn wir die Wohnung betraten, standen wir in der Küche. Dort war ein kleiner Verschlag abgeteilt, in dem sich die Toilette befand. Das war nachträglich eingebaut, früher befand sich das Herzhäuschen auf dem Hof. Von der Küche gelangte man in das Schlafzimmer, und von dort in das Wohnzimmer. Ein Bad gab es nicht, ebensowenig Warmwasser. Beheizt wurde die Wohnung mit Kohleöfen. Zwischen Küche und Wohnzimmer bauten wir einen kleinen Flur ein, um das Schlafzimmer abzutrennen. Vom Hof her gelangte man noch in einen Kellerraum.Wir wohnten dort für 50 DM Miete im Monat bis zum Sommer 1968. Dann wechselte mein Mann die Arbeitsstelle und so mussten wir auch diese Wohnung verlassen, da sie ja als Dienstwohnung der Firma Schöne zu verstehen war. Am 09. April 1967 ist in dieser Wohnung unser Sohn Lars zur Welt gekommen.
Die Umgebung war zum großen Teil Arbeitermilieu. Ein paar Häuser weiter war der Zugang zu den alten Mietskasernen mit sieben Hinterhöfen. In der Richardstraße waren ebenfalls viele große Mietshäuser, in den Seitenstraßen gab es auf den Hinterhöfen noch Kuhställe. In der Kirchgasse war ein großer Kohlenplatz. Mitten drin der Richardplatz mit seiner alten Schmiede.
Am Britzer Damm
Durch den Arbeitswechsel meines Mannes waren wir nun gezwungen uns eine neue Bleibe zu suchen. Geld für eine teure Miete hatten wir nicht. Also musste eine andere Lösung her. Da ich wegen meinem Sohn nicht arbeiten gehen konnte, beschoss ich eine Hauswartstelle anzunehmen. Kindererziehungszeiten, Elterngeld oder Ähnliches war zu dieser Zeit noch ein Fremdwort. Die fanden wir in Britz, Britzer Damm 41. Das Haus befand sich zwischen der Jahnstraße und der Britzer Brücke, die den Landwehrkanal überspannt. An der Ecke Britzer Damm/Jahnstraße befand sich eine KINDL-Kneipe, in der wir 1966 unsere Hochzeit gefeiert haben. Dort hatte ich neben dem Haus, in dem wir wohnten, noch einen weiteren Treppenaufgang zu reinigen. Das sollte kein Problem darstellen. Ich konnte das während des Mittagschlafes meines Kindes erledigen und ich war nie weit weg. Mein Mann hatte nun eine Stelle als Kraftfahrer bei einer Spedition, wo er ein gutes Stück mehr Geld verdiente als bei der Firma Schöne. Wir hatten dort eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche. Ein Bad gab es auch dort nicht, die Toilette war eine halbe Treppe tiefer. Wir mussten sie mit einem Nachbarn teilen. Man hat sich arrangiert. Kurz darauf bemerkte ich, dass ich wieder schwanger war. Das ging alles recht gut, wir hatten uns auch mit Nachbarn angefreundet. Da konnte ich auch mein Kind einmal kurz parken, wenn ich etwas zu erledigen hatte. Bis - ja - bis es Winter wurde. In meinem Arbeitsvertrag war ja der Schneeräumdienst beinhaltet. Das durfte ich aber wegen meiner fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht mehr ausführen. Die Hausverwaltung wollte das nicht akzeptieren, und so kam es zu Differenzen. Auch ein ärzliches Beschäftigungsverbot brachte nichts. Also legte ich das Attest bei der Polizei vor, um mich abzusichern. Damals waren bei der zuständigen Polizeidienststelle alle Personen vermerkt, die für die Schnee- und Eisbeseitigung an welchen Orten verantwortlich waren. So konnte ich das klären, musste keinen Schnee räumen und war aus der Verantwortung raus. Was mir natürlich einen "schwarzen Peter" bei der Hausverwaltung einbrachte, da diese von der Polizei eins auf den Deckel bekam. Am 30. April 1969 wurde in dieser Wohnung in den frühen Morgenstunden unsere Tochter Sonja geboren. Nach Ablauf des Mutterschutzes und damit auch des Küdigungschutzes bekam ich von der Hausverwaltung die Kündigung.
Auf nach Schöneberg
Neue Wohnung - neues Glück? Wenn das so einfach wäre, Wir fanden eine Wohnung in der Schönebeger Golzstraße. Mit Hilfe der Familie bewältigten wir diesen Umzug. Mit einem Kleinkind und einem Säugling musste da doch einiges koordiniert werden. In der Golzstraße hatte ich auch wieder eine Hauswartstelle, das bezog sich aber nur auf Reinigung des einen Treppenhauses in dem auch unsere Wohnung war. Die Wohnung war groß, wir hatten 4 Zimmer, also genügend Platz. Der erste Morgen in dieser Wohnung bescherte uns aber gleich einen Schreckmoment. Wir wurden am Morgen wach, weil wir einen dumpfen Aufprall hörten. Zunächst dachten wir, es wäre bei uns etwas umgefallen. Es war ja noch nicht alles aufgebaut und eingeräumt. Als mein Mann dann zum Hof hin aus dem Fenster sah, meinte er nur zu mir: "schau nicht raus". Aber meine Neugier war geweckt. Unten im Hof lag unter unserem Fenster der leblose Körper einer Frau, seltsam verrenkt. Wir hörten auch schon die Sirenen der Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, die kurz danach eintrafen. So schlossen wir das Fenster und zogen uns zurück. Da war doch aus der Wohnung über uns eine Frau aus dem Fenster gestürzt. Die näheren Umstände erfuhren wir nicht, wir kannten ja in diesem Haus auch keinen. So richteten wir uns in unserem neuen Zuhause ein. Die Räume blieben seltsam leer. So viele Möbel hatten wir gar nicht um vier große Räume zu füllen. Geld für Neues hatten wir nicht. Nun hatten wir zwar viel Platz, aber gemütlich geht anders. Mein Mann hatte in der Zwischenzeit bei der Spedition wieder aufgehört und auf Anraten seines Onkel Willy einen Job im öffentlichen Dienst angenommen. In einer Zentralwäscherei im Bezirk Nekölln wurde ein Großtel der Wäsche aus Krankenhäusern gewaschen. Das war Zukunftsorientiert ein guter Schritt. Der Onkel war dort auch beschäftigt. Der Nachteil war, er verdiente dort als junger Mann mit gerade mal 23 Jahren wenig Geld. Wer die damaligen Tarife im öffentlichen Dienst kennt, weiß, dass Alter und Dienstzugehörigkeit bei der Höhe der Gehälter eine große Rolle spielten.
Trotz Mieteinsparung durch die Hauswartstelle reichte das nun nicht vor und nicht zurück. Also musste ich mir einen Job suchen. Das war auch schon 1969 mit zwei kleinen Kindern eine Herausforderung. Ich fand eine Anstellung in der Kondensatorenfabrik Wilhelm Westermann in Britz. Dort ließ man sich darauf ein, dass ich verkürzt arbeiten konnte. Das hieß, ich konnte am Morgen zwei Stunden später anfangen. Meine Schwiegereltern erklärten sich bereit, die Kinder bis zum Nachmittag zu beaufsichtigen. Das gefiel mir zwar nicht, aber eine andere Lösung gab es nicht. So fuhr ich jeden Morgen mit dem Bus von Schöneberg nach Britz. An der Bushaltestelle Gradestraße holte mein Schwiegervater die Kleinen ab und ich ging arbeiten. Am Nachmittag holten mein Mann oder ich die Kinder bei den Eltern wieder ab. Das alles mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ein Auto hatten wir nicht.
Wie das nun so ist mit kleinen Kindern, werden die öfter krank. Ich weigerte mich, mit einem fierbernden Kind am frühen Morgen bei Wind und Wetter rauszugehen. So kam es im Betrieb zu häufigen Fehlzeiten, die den Unmut meines Arbeitgebers forcierten, der wenig Verständnis zeigte. Folglich war ich diesen Job schnell wieder los. Aber auch bei meinem Mann standen wieder Veränderungen an. Er konnte zum Dezember 1969 innerhalb des öffentlichen Dienstes einen neuen Arbeitsplatz bekommen. Er nahm eine Hausmeisterstelle im Seniorenheim Erich-Raddatz - Haus in der Neuköllner Sonnenallee an. Dieser Arbeitsplatz war mit einer Dienstwohnung verbunden. Also zogen wir kurz vor Weihnachten von Schöneberg zurück nach Neukölln.
Neukölln, Köllnische Heide

Meine beiden Kinder, Lars mit seiner kleinen Schwester Sonja an der Hand, vor der Eingangstür zu unserer Wohnung in der Sonnenallee im Sommer 1970.
Das war nun mit Stress verbunden. Die Wohnung wurde noch renoviert, und wir wollten gerne noch vor Weihnachten einziehen. Am 01. Januar 1970 sollte meine Mann dort seinen neuen Dienst beginnen. Das klappte auch, nur hatten wir noch die Maler im Haus, die noch Restarbeiten erledigten. Der Zugang zur Wohnung lag iam Wirtschaftshof des Seniorenheims unterhalb des Straßenniveaus. Also eine Souterrainwohnung. Da der Hof sehr groß war, merkte man von "Wirtschaft" gar nichts. In der Mitte war eine große Rasenfläche, die unseren Kindern später als Spielplatz diente. Vor dem Eingang befand sich eine Hecke, die eine kleine Terrasse abtrennte. Über einen Vorraum gelangten wir in unsere Wohnung, in der sich zwei Zimmer, Küche und Bad befanden. Zum ersten mal hatten wir ein Bad und Zentralheizung. Ein Zimmer teilten sich unsere Kinder, in dem Alter war das noch machbar, das zweite Zimmer nutzten wir als Wohnzimmer und der Flur war groß genug um dort ein Wandklappbett unterzubringen, in dem wir schlafen konnten.
Wir hatten dort viel Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen meines Mannes. In der Nebenwohnung lebte der Haushandwerker mit seiner Frau. Von dem Wirtschaftshof ging auch der Zugabg zur Küche des Seniorenheims ab. Von dort bekamen wir öfter Essen, das vom Mittagstisch für die Heimbewohner übrig blieb. Das war zwar offiziell nicht erlaubt, aber es wurde geduldet.
Wir fühlten uns dort recht wohl, auch wenn alles recht beengt war. Ich ging auch sporadisch arbeiten, das Geld wurde gebraucht. Ein Vorteil war, dass die Kinder nie allein waren. Erstens war der Papa immer in der Nähe und auch im Kollegenkreis fand sich immer jemand, der einmal ein Auge auf die Kinder warf. Zwischendurch hatte ich auch einmal einen Arbeitsplatz mit einem Betriebskindergarten.
Das Umfeld in der Sonnenallee war schön. Wir hatten auf der anderen Straßenseite, gegeüber dem Seniorenheim, die Köllnische Heide, eine große Parkanlage. Einkaufsmöglichkeiten waren in fußläufig zu erreichen und unseren Hausarzt fanden wir auch in der Nähe.
Dort wohnten wir bis zum Frühjahr 1972. Dann bekam mein Mann das Angebot, den Hausmeisterposten in einem neu erbauten Seniorenheim in der Wutzkyallee/Gropiusstadt zu übernehmen. Da die Wohnung dort größer war, nahm er dieses Angebot an. Wieder hieß es umziehen.
Auf nach Rudow

Festlich - Ich in unserem Wohnzimmer in der Wutzkyallee anlässlicher einer Hochzeit in der Familie.
Frühjahr 1972 - wir packten unser sieben Sachen, und zogen in die Wutzkyallee nach Rudow in das Kurt-Exner-Haus. Den Umzug selbst musste mein Mann allein hinter sich bringen, denn ich war in Bad Drieburg zur Kur. Diese hatte ich lange vorher eingereicht. Da dier Umzug ebenfalls ein "Dienstumzug" war, erledigte das eine Firma und mit den Kindern halfen die Eltern meines Mannes. Als ich von der Kur zurück kam, zog ich also in unsere neue, noch völlig uneingerichtete Wohnung. Noch nichts war aufgebaut oder gar eingeräumt, mein Mann hatte nur eine Matratze zum schlafen auf die Erde gelegt, die Kinder waren bei Oma und Opa. Da hatten wir nun erst einmal zu tun. Die Wohnung befand sich in der achten Etage des Hauses, eine sogenannte Penthouse - Wohnung. In der Wohnung neben uns lebte die Heimleiterin, Frau Schmidt, des Kurt-Exner-Hauses mit ihrem Dackel.
Wir hatten dort drei Zimmer, Küche und Bad. Das Wohnzimmer hatte Zugang zu einem Balkon, von wo aus man auf das Flachdach treten konnte. Ein Zimmer richteten wir uns als Schlafzimmer ein. Endlich ein richtiges Schlafzimmer, was habe ich mich darüber gefreut. Das dritte Zimmer wurde das Kinderzimmer. Der Raum war groß genug, dass jedes Kind seine Ecke hatte. In dem Alter ging das noch, war aber keine Dauerlösung. Auf dem recht großen Flur richteten wir einen Essplatz ein. Ein paar Jahre später änderten wir die Raumaufteilung. Jedes Kind bekam sein Zimmer und wir richteten das Wohnzimmer zum Wohn- Schlafzimmer ein.
Das Kurt-Exner-Haus war direkt am U-Bahnhof Wutzkyallee und an dem gleichnamigen Einkaufzentrum. Auf dem großen Platz in der Mitte war zwei Mal in der Woche Wochenmarkt. In den Jahren 1973 und 1975 wurden unsere Kinder in der gegenüberliegenden Schule, der Helmholz-Schule, eingeschult. Am 24. März 1974 ist dort unser drittes Kind geboren. Ein kleiner Junge, dem wir den Namen Sven gaben. Nach ca. neun Stunden ist dieser kleine Engel wieder gen Himmen aufgestiegen. Er war nicht lebensfähig.
Diese Wohnung kann viel erzählen, letztlich vom Ende unserer Ehe. Im November 1981 zog ich dort mit meiner Tochter aus. Ich blieb aber in Neukölln.
37 Jahre Delbrückstraße

Unser Wohnzimmer in der Delbrückstraße oben 1982 und unten im Jahr 2015

Im November 1981 zog ich also mit meiner Tochter zu meinem Freund Horst in die Neuköllner Delbrückstraße 64. Horst lebte dort schon sieben Jahre allein. Ich blieb in der Familie, denn Horst ist der Neffe von meinem ersten Mann. Wir hatten schon länger eine Beziehung, und auch für meine Kinder war er kein Unbekannter, er war sogar der Patenonkel meiner Tochter. Schnell waren wir dort zu Hause. Zu meinem Sohn, der beim Papa geblieben war, hielt ich einen engen Kontakt, ebenso zu dem Vater meiner Kinder. Sicher gab es auch einige Anlaufschwierigkeiten, dazu an anderer Stelle mehr. Nachdem meine Scheidung durch war, heirateten wir im Januar 1985.
Dort in der Delbrückstraße entwickelte sich im Laufe der Jahre ein großes soziales Umfeld. Wir hatten einen netten Bekanntenkreis, trafen uns regelmäßig und unternahmen viel zusammen. Auch im Haus selbst bestand eine gute Nachbarschaft, über uns wohnten Onkel und Tante von Horst. Die Wohnung selbst bestand aus 2 1/2 Zimmern mit Küche und Bad. allerdings hatten wir Ofenheizung, das warme Wasser kam aus einem Durchlauferhitzer. Hinter dem Haus befand sich ein Hof, der von den Mietern genutzt wurde, sei es zum Wäsche trocknen oder auch zu Grillen in gemütlicher Runde.

Ein Blick in den Hof, wo der Hauswart einen kleinen Springbrunnen angelegt hatte und Nachbarn bei der Gartenarbeit halfen.
In den fast 40 Jahren in dieser Wohnung (für Horst waren es ja sogar 44 Jahre) ist sehr viel geschehen. Dieser Ort hat mehr Bedeutung in meinem Leben, als jeder andere. Ein ganz wichtiges Ereignis ist die Geburt meines ersten Enkelkindes, das in diesen Räumen das Licht der Welt erblickt hat. Das zeigte uns aber auch, dass wir älter wurden. Bei guter Gesundheit konnten wir im Jahr 2007 unseren Ruhestand einläuten. In den kommenden 10 jahren veränderte sich aber viel. Das Umfeld veränderte sich, unser einstmals großer Bekanntenkreis bröckelte weg. Die alten Kiezkneipen, in denen wir uns mit der Nachbarschft regelmäßig getroffen hatten, schlossen nach und nach ihre Pforten und die Menschen um und herum zogen weg oder verließen die irdische Welt. Auch unsere Tochter zog mit den Kindern weg. ihr Weg führte sie nach Hannover. Plötzlich waren wir fast allein. So beschlossen wir im Jahr 2017 auch noch einmal neu anzufangen. Wir suchten uns eine Wohnung im Raum Hannover, in der Nähe unserer Tochter und der Enkelkinder.
Neustadt am Rübenberge
Plötzlich ging alles ganz schnell. Wir fanden ein neues Zuhause in der kleinen Stadt Neustdt am Rübenberge, etwa 25 km von Hannover entfernt. Der Kontakt zum Vermieter, dem "Bauverein Neustadt" verlief reibungslos. Am 16. Februar 2018 konnten wir die Wohnung besichtigen. Alles passte! Wir konnten sogar die Einbauküche von dem Vormieter übernehmen, die gerade ein halbes Jahr alt war und tip-top in Ordnung. Das sparte uns nicht nur Geld sondern auch viel Zeit. Der Mietvertrag mit dem Bauverein war nur noch ein Formsache. Nun konnte es losgehen. Wir beauftragten die Firma ZAPF-Umzüge mit dem Transport. So mussten wir nur noch unsere Sachen zusammenpacken. Aber auch das war noch Arbeit genug. So waren wir froh, dass die Umzugsfirma nicht nur den Transport professionell managte, sondern auch die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände und Möbel übernahm. Am 22. Mai 2018 war es soweit. Der Umzugswagen stand vor der Tür.

Rechts: So sah dann unser neues Zuhause aus. Das linke Foto zeigt den Hauseingang, das rechte die Rückfront mit den Balkons. Der Balkon über dem blauen Schirm gehört zu unserer Wohnung. Zwischen den Häusern viel Grün.
Während mein Mann noch am selben Tag mit der Bahn in unsere neue Wonung für, um dort am nächsten Morgen die Umzugsfirma in empfang zu nehmen, hatt ich mich in Berlin noch eine Nacht in einem nahegelegenen Hotel eingemietet, um die Wohnungsübergabe abzuwickeln. Unser Vermieter, Herr Pochert, kam pünklich und so konnte alles zu beidseitiger Zufriedenheit erledigt werden.
Nachdem nun alle Formalitäten erledigt waren, verließ auch ich Berlin. "Ein Koffer blieb dort" - wenn auch nur im Herzen. Mir der Bahn fuhr ich zunächst nach Hannover und dann weiter nach Neustadt am Rübenberge. Dort wurde ich von meinem Mann und unserer Tochter erwartet. Die Möbelpacker waren fleißig, alles ist heil angekommen. Unsere Tochter hatte schon angefangen, die ersten Kisten auszupacken. Die ersten Tage hatten wir so viel zu tun, dass wir gar nicht zum Nachdenken kamen. Eine Riesenhilfe hatten wir von unserer Tochter und dem, Schwiegersohn
Aber nach einer Woche war das meiste geschafft. Auch amtlich waren wir nun in unserer neuen Heimat angekommen. Nach ein paar Ruhetagen fingen wir an, die Umgebung zu erkunden.

Wir hatten eine schöne, helle und großzügige Wohnung. Erfreuten können wir uns jeden Tag über den Blick aus unserem Fenster, das viele Grün und die wunderbaren Sonnenaufgänge, die wir beim Frühstück durch unser Küchenfenster sehen können.


Nach und nach fanden wir uns auch in der Umgebung zurecht. Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, Ämter, eben alles was man so braucht in der Nähe. Auch für mich ohne Auto gut zu erreichen. In der Zwischenzeit bin ich aber für größere Einkäufe auf ein Auto angewiesen. Aber das ist alles machbar. Hannover erreichen wir mit der Bahn in einer guten halben Stunde. Nun leben wir schon fast sieben Jahre hier, und haben es noch nicht bereut, diesen Schritt getan zu haben. Hier werden wir unseren Lebensabend verbringen. Ein großer Dank geht an unsere Tochter und die Enkelkinder, die stets für uns da sind.